Crítica de Barbier mit Gustostückerln de Rossini. Viena (alemán)


Barbier mit Gustostückerln
(Dominik Troger)

Die aktuellen „Barbier“-Vorstellungen an der Staatsoper beweisen, dass man Rossini im „Haus am Ring“ nicht verlernt hat. Das Ergebnis: eine vergnügliche Vorstellung.

Es war die 387. Aufführung in diesem praktikablen Bühnenbild, das die Front des Hauses von Dottor Balordo ähem Bartolo zeigt, und sich auf einzelne Zimmer öffnet wie zum Beispiel Rosinas Stübchen im ersten Stock.Mittig liegt der Stiegenaufgang, dessen Bewältigung Bartolo in der Person von Alfred Sramek schon gemächlicher angeht als noch vor – sage und schreibe – 30 Jahren! (Sramek hat laut Online-Staatsopernarchiv am 15. Jänner 1980 zum ersten Mal den Bartolo am Haus gesungen und die Partie inzwischen rund 160-mal verkörpert.) Seine liebenswürdig-kauzige Rollenzeichnung präsentiert sich als Quintessenz eines erfahrenen Bühnenkomödianten: altersweise Gemütlichkeit mischt sich mit juvenilen Anflügen von Liebhaber-Torheit und trockenem Humor, der sich auch in Extempores äußert. Die Stimme ist etwas leiser geworden und wird ökonomisch eingesetzt, aber das tut der Gesamtwirkung keinen Abbruch.

Adrian Eröd hat im November 2003 als Figaro debütiert – und der Geselle ist inzwischen ganz zum Meister gereift, mit dem „Largo al factotum“ als Meisterstück: Eröds „Figaro“ war nicht nur „da“ und „dort“, sondern „überall“, und mit seinem nach wie vor geschmeidigen und höhensicheren Bariton servierte er diese Kavatine wie einen aufputschenden Espresso, dem das Publikum mit spontan gefühltem Beifall dankte. Eröd zog mit Intellekt, aber vergnüglich, die Fäden in diesem Spiel um Liebe und Heiratswünsche, und steuerte im zweiten Akt noch eine witzige Pantomime bei, wenn er den im Ohrenstuhl sitzenden Bartolo zu rasieren vermeint – der sich aber insgeheim schon fortgeschlichen hat, um Rosina bei den Gesangsübungen zu überwachen.

Javier Camarena hat sich in den letzten Jahren in die Topliga der Rossini-Tenöre gesungen, die derzeit natürlich alle an Juan Diego Florez gemessen werden. Ganz so elegant ist Camarenas Gesangstil nicht, was sich vor allem bei den Verzierungen bemerkbar macht, dafür vereinigt seine Stimme die Leichtgängigkeit eines „Tenore di grazia“ mit einem schon etwas viriler klingenden und tragfähigeren Tenor (was in der Staatsoper nur von Vorteil sein kann). Camarena kam nach einem unspektakulären Beginn immer besser in Fahrt und glänzte dann als „Zugabe“ noch mit dem „Cessa di più resistere“, das oft gestrichen wird. Und der Sänger bestand dieses Schlussfurioso blendend, seine Stimme klang immer noch frisch, und er schloss mit einem kräftigen, sehr schön anschlagenden und lange ausgehaltenen Spitzenton. Dass man ein solches „Gustostückerl“ im Repertoire „serviert“ bekommt, spricht für die Lebensfähigkeit des Hauses, und man ist um so mehr verwundert, warum die „La Cenerentola“-Premiere im Jänner dermaßen blass ausfallen konnte.

Vesselina Kasarova hat schon vor 20 Jahren in Wien die Rosina gesungen – und ihr dunkler Mezzo war in dieser Partie immer auch ein wenig „Geschmackssache“. Ähnlich wie Eröd vermochte sie die Partie sehr plastisch, überlegt und witzig zu gestalten, wobei sie die Stimme gut „am Zügel“ hielt. Als Charakter ist ihre Rosina jetzt vielleicht sogar zwingender als damals ausgeformt, auch wenn die Stimme in diesen zwei Jahrzehnten nicht „leichter“ geworden ist, und man versucht sein könnte, ihr das junge Mädchen nicht mehr abkaufen zu wollen.

Sorin Coliban gab einen vorzüglich losdonnernden, schmierig-verschmitzten Basilio. Auch bei ihm gingen Stimme und Spiel sehr gut zusammen und sorgten für einen hohen Unterhaltungswert und Musikgenuss.Alessio Arduini machte den Fiorello zu einer (kurzen) Hauptrolle und Lydia Rathkolb schnupfte gekonnt Tabak und reüssierte mit ihrer Arie besser als so manche Rollenvorgängerin. Guillermo Garcia Calvo am Pult sorgte für einen belebten Rossini, ohne das Tempo zu überdrehen oder in der Lautstärke zu übertreiben – und so wurde auch im Orchestergraben „Cenerentola“ in den Schatten gestellt.

http://www.operinwien.at/

Wiener Staatsoper
22.3.2013
Dirigentin: Guillermo Garcia Calvo
Graf Almaviva – Javier Camarena
Bartolo – Alfred Sramek
Rosina – Vesselina Kasarova
Figaro – Adrian Eröd
Basilio – Sorin Coliban
Fiorello – Alessio Arduini
Ambrogio – Florian Tomaschitz
Marcellina (Berta) – Lydia Rathkolb
Ein Offizier – Wolfram Igor Derntl